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Sonntag, 22. November 2015

Zuchtbericht Blaue Monsterfächergarnele (Atya gabonensis)

Atya Gabonensis

Zuchtbericht

Prolog:

Wir haben uns damals das ehrgeizige Ziel gesetzt, die Art atya gabonensis nachzuzüchten, um einen ersten Schritt zu wagen von den Wildfängen wegzukommen. Die Erfahrung zeigte, dass man für die Zucht drei Schwierigkeiten zu meistern hat:

  1. Ein Pärchen finden,
  2. Die lange Larvenphase,
  3. Das Umsetzen und Wachstum im Süßwasser.

Die Zucht ist mit einem gewissen Arbeitsaufwand verbunden. Dies sollte aber niemanden davon abhalten sich an die Zucht heran zu trauen!

Dieser Zuchtbericht soll als „roter Faden“ dienen, da es für die Zucht kein Patentrezept gibt. Alle hier genannten Marken wurden von uns verwendet, doch es gibt sicherlich auch andere Marken die man verwenden kann und genauso gut sind.

Ebenfalls zu erwähnen ist, dass wir diesen Zuchtbericht in Kombination mit unserem Zuchtvideo erstellen. Die Fülle von erlebten Details, die wir beobachten konnten, würde den Zuchtbericht sprengen. Also, Video anschauen und Entwicklung studieren.

Viel Spaß beim lesen und viel Glück beim Züchten!

Zuchtvorbereitung:

Zu aller erst braucht man ein Aquarium. In unserem Fall ist dies ein 60L Juwel-Becken. Ob es auch eine Nummer kleiner taugt wird die Zukunft zeigen. Heizung, Thermometer und Membranpumpe sind unabdingbar. Anders, als bei der Zucht von caridina japonica, wird mittels Membranpumpe nicht nur belüftet, sondern über einen Bodenfilter gefiltert. Ohne einen Filter wird es kaum möglich sein, das Wassermilieu, über einen so langen Zeitraum, stabil zu halten. Als Bodengrund wurde Kies von Dennerle verwendet. Als Futter verwendet man am besten lebendes Phytoplankton, Liquizell und später etwas gröberes, z.B. Artemiaflüssigfutter von JBL. Meersalz, Reef Salt von Aqua Medic, benötigt man zum Herstellen von Brackwasser, in unserem Falle lag die Konzentration bei 28g/L, also knapp an der Meerwasserkonzentration. Die Wasserwerte haben wir mit Schnellteststäbchen von Oase wöchentlich getestet. Die Werte lagen die ganze über konstant bei: PH 7,6 – 8,0, GH 21, KH 10 – 15, NO2 0, NO3 0.

Das Brackwasserbecken sollte gut vier Wochen einlaufen. Die Beleuchtungszeit beträgt 11 Stunden pro Tag. In dieser Zeit können sich nützliche Bakterien und die ersten Algen bilden.

Zucht:

Sind die Vorbereitungen soweit abgeschlossen und das Zuchtbecken steht, kann es losgehen. Wir haben die Larven aus dem Süßwasserbecken abgesaugt und ins Brackwasserbecken überführt.






Sofort nach dem Umsetzen der Larven kann mit dem Füttern angefangen werden. In den ersten drei Wochen wird fast ausschließlich mit Phytoplankton gefüttert, 4 mal täglich, Dosierung nach Gefühl. Am besten dosiert man das Phytoplankton mit einer Pipette. Trotz der Menge an Phytoplankton wurde unser Becken nie richtig grünlich-trüb.

Etwa in der vierten Woche können die Larven schon kleine Futterpartikel festhalten. Kann man diese Weiterentwicklung beobachten ist es an der Zeit das Futter anzupassen und man kann zusätzlich gröberes Flüssigfutter verwenden.
In der Zwischenzeit dürften sich reichlich Algen an den Gegenständen, Scheiben und Bodengrund gebildet haben. Wenn man beobachten kann, dass die Larven, die mittlerweile gewachsen sein sollten, den Boden oder Gegenstände abgrasen, kann man anfangen, zusätzlich etwas Staubfutter oder CyclopEeze hinzu zu füttern. Aber nur in geringen Mengen.


Nach einer gefühlten Ewigkeit, kann man dann erkennen, dass die Larven einem Stadium entgegen gehen, dem einer Garnele sehr ähnlich ist. Sie verändern ihre senkrecht-schwebende Lage in eine waagerecht-schwimmende und schießen, speziell nachts, durchs Becken. Tagsüber leben sie versteckt, ganz wie die Eltern.



Da es keinerlei Erfahrungen bezüglich dem Zeitpunkt des Umsetzens ins Süßwasser gab, hieß es jetzt: Trial and Error. Dies wollen wir euch und erst recht den Garnelen so gut es geht ersparen.

Wenn sie fast durchsichtig sind, man die Innereien ( ein kleiner dunkler Fleck im Nacken ) erkennen kann und sie wie Garnelen ( nicht abgehackt oder eingeschränkt ) schwimmen können, ist dies der Zeitpunkt des Umsetzens ins Süßwasser. Wir haben es wie folgt gemacht:

Einen Behälter mit dem Wasser aus dem Zuchtbecken in einer selbst Bestimmten Höhe füllen und Garnelen einsetzen. Alle, z.B. 30 Minuten, mit Süßwasser aus dem Bestimmungsbecken füllen, bis sich die doppelte Menge an Süßwasser, im Vergleich zum Wasser aus dem Zuchtbecken, befindet.

Wer „auf Nummer sicher“ gehen will lässt den Behälter dann, belüftet, 24 Stunden stehen und Untersucht wie sich die Garnelen verhalten. Sollten die Garnelen diesen Prozess überstehen, sind sie bereit für das Umsetzen ins Süßwasserbecken.

Nun gilt es nur noch die kleinen Fächergarnelen im Süßwasser gut gefüttert zu bekommen. Auch in diesem Punkt gibt es keine Erfahrungen. Wir haben hoch gewettet und haben auf die Biologie eines eingefahrenen Beckens, mit seiner Mikroflora,- und Fauna, gesetzt. Die Wette scheint gewonnen, da der Nachwuchs, zum jetzigen Zeitpunkt, eine Größe von 1,5 cm erreicht hat. Gefüttert wurden nur die Elterntiere und wenn der Nachwuchs dieses Futter gefressen hat, dann sekundär. Die Filterung erfolgte bei uns mit einem JBL CristalProfi i200. Die kleinen Garnelen drangen zwar in ihn hinein, wurden aber nicht verletzt oder getötet. Das Problem bei diesem Filter ist der Zwischenraum zwischen Scheibe und Filter. Dieser ist so groß, dass der Nachwuchs dazwischen passt, aber zu klein um wieder herauszukommen. An diesem Umstand sind uns einige Verendet und wir können diesen Filter daher, für diesen Zweck, nicht empfehlen.



Nachwort:

Entgegen, der im Internet kursierenden Meinung, das das Entwicklungsstadium von atya gabonensis 4 Wochen dauert, können wir sagen das dies nicht der Realität entsprechen kann. Die Entwicklung von Larve zur Garnele dauerte bei uns 3,5 – 4 Monate, also gut 120 Tage.

Vor einiger Zeit haben wir erfahren, dass keine großen Atya gabonensis mehr in den Import kommen. Nicht weil es so gewollt ist, sondern weil es einfach keine mehr gibt! Ob das so stimmt, sei dahin gestellt. Der Blick zu den Einzelhändlern gab uns dann aber die befürchtete Bestätigung. Nur noch kleine bis mittelgroße Tiere.

Auch die Umweltzerstörung fordert seinen Tribut. So bedeuten Ölverpestungen, z.B. im Nigerdelta, oder der Bau von Staudämmen ein hohes Risiko für larvale Entwicklung und Migration der Jungtiere.

Wenn diese Entwicklung so weitergehen sollte, kann man sich ausmachen wie das Enden wird.

Unsere Intention war und ist es, einen kleinen Schritt beizutragen um von den Wildfängen wegzukommen damit diese Art weiterhin in ihrem Lebensraum bestehen kann.

Nun kommt es auf uns alle an und wir wüschen allen viel Erfolg bei der Zucht.

S&M-GOE
























2 Kommentare:

  1. Gerade dort, wo es Öl gibt, schalten sie den Verstand einfach ganz aus. Oder wo richtig viel Geld sitzt. Da denken die auf Zeitspannen von 10 Jahren. Aber auch ansonsten sollte man nicht die Wildbestände überfordern und gerade habe ich noch einen Beitrag gesehen, wo sich jemand über Importe Würmer einschleppte, die dann ihn befallen haben. Da können Nachzuchten auch aus dem Aspekt sicherer sein.

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    1. Hallo Rudi,
      da hast du vollkommen Recht!

      Wie sich das Ganze dann konkret äußert, kann man auf der Website des United Nations
      Environment Programme (UNEP) nachlesen:
      http://www.unep.org/disastersandconflicts/CountryOperations/Nigeria/EnvironmentalAssessmentofOgonilandreport/tabid/54419/Default.aspx

      Wer nicht so viel lesen möchte, der kann hier einen visuellen Überblick über die Situation im Niger Delta, also der Kinderstube unserer Atya gabonensis, verschaffen:
      https://www.flickr.com/photos/unep_dc/sets/72157633111528564


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